Köln. Eine Stadt in Biographien

Gerhard Richter sagt etwas nettes über Köln, Alice Schwarzer öffnet trotz Steuertheater ihren Turm. Und TV-Harald Schmidt hat keine Lust aufs Porträt. dpa-Journalist Christoph Driessen war in der Mayerschen Buchhandlung und hat gemeinsam mit Merian-Programmleiterin Marva Kemnitz sein neues, empfehlenswertes Buch vorgestellt. Titel: Köln. Eine Stadt in Biographien.

Bachem macht es, Gmeiner ebenso und Merian im fernen München hat es auch drauf: Mal wieder ein Buch über Kölner Promis von damals und heute veröffentlichen. Der neue Band von Autor Driessen widmet sich 20 Promis von Agrippina über Adenauer bis Alice (Schwarzer), vom Karnevalisten Franz Raveaux bis Charlotte Roche. Der kölschrote Band bietet neben den Biographien eine Lagekarte und auch ein paar praktische Tipps. Merian ist schließlich ein Reisebuchverlag mit hohem kulturellen Anspruch. Doch braucht Köln überhaupt noch einen weiteren Biographie-Band? Ist nicht schon genug geschrieben worden über Adenauers Stopfei und Millowitschs Allüren? Ja und nein. Sicher ist: Besonders die Gespräche des Autors mit den noch lebenden Porträtierten beleben den Band.

Lukas ausgemustert, Korb von Harald

Autor und Verlag haben mit den Biografien auch die Kölner Veedel veranschaulichen wollen. Die Auswahl der 20 Menschen fiel ihnen nicht leicht, doch dann stand der Kader: Podolski, Stöger oder legendäre FC-Größen aus den 70ern? Ins Abseits gestellt. Böll, Rubens und Niedecken: Ins Team geholt. Johann Maria Farina? Im Mittelfeld. Alfred Neeven DuMont? War gar nicht auf dem Zettel. Und Harald Schmidt? Der wollte nicht.

Niedecken verzällt was, Wallraff im Paradiesgarten

Während der Konferenz in der Mayerschen Buchhandlung am Neumarkt beschrieb Driessen sehr anschaulich seine Recherchen fürs Buch. Mit Günther Wallraff traf er sich in seinem verschlungenen Paradiesgarten in Ehrenfeld, Alice Schwarzer wollte vor lauter Steueraffäre erst gar nicht, hatte dann ganz viele Termine und war schließlich doch eitel genug fürs Mitmachen. Und Wolfgang Niedecken kam in der Südstadt derart in Redelaune, dass plötzlich zwei Stunden rum waren. Von wegen verzäll nix.

Die Texte über die Lebenden sind besonders gut

Natürlich gibt der Autor zu: über Lebende zu schreiben ist spannender. Gerade für einen Journalisten kann das auch gar nicht anders sein. Er hat sich mit Charlotte Roche im Agnes-Viertel getroffen und danach einen der besten Texte im Buch geschrieben. Dieses Porträt hat Reportcharakter, es veranschaulicht auch das Flair des Kölner Kultviertel.

Und weil Tote nicht reden, sind die Texte zu Agrippina und Rubens nicht ganz so mitreißend wie die über aktuelle Promis. Wobei sich Driessen auch auf die Spur der Nachkommen gemacht hat. Besonders kurios fand er dabei das Treffen mit Peter Millowitsch, der sich erstaunlich kritisch zu seinem Übervater äußerte. Den übrigens, erzählte er dem Autor, nannte er nie Vater. Auch nicht Papa. Sondern eiskalt immer nur Chef.

Fazit: Vor allem durch die Interviews mit Kölnern ein lohnenswertes Buch. Und für Fans des Effzeh gibt es ja das FC Album von Ben Redeling

(tb)

Details zum Buch

Autor: Christoph Driessen
Titel: Köln. Eine Stadt in Biographien
Preis: 16.99 €
Reihe: MERIANporträts
Seiten: 176
Verlag: Merian
Erschienen: 1. Oktober 2014

ISBN-10: 3834217301
ISBN-13: 978-3834217301