Kölns Theaterprojekt BabyBühne

Theater für Säuglinge? In Italien und Schweden längst üblich, bei uns noch Neuland. Andrea Bleikamp, freie Kölner Regisseurin, hat die Idee umgesetzt. Gegen anfängliche Skepsis gestaltet sie einen kunstvollen Raum, in dem Klein und Groß auf Sinnesreise gehen. Seit diesem Monat gibt es die BabyBühne am Freien Werkstatttheater in der Südstadt.

BabyBühne ist die aktuelle Produktion des wehrli, einem Ableger des Wehrtheater. Beides sind Initiativen von Andrea Bleikamp (*1970), die mit ihrem Ensemble seit Jahren die freie Kölner Szene bereichert, mit vielbeachteten Projekten für Kinder ("Die Olchis") und Erwachsene (u.a. "kleist_20.11"). Und mit der BabyBühne möchte sie "assoziative Räume schaffen" und ein sinnliches Erlebnis für die ganze Familie liefern.

Staun-Stunde für Stöpsel

Eine Staun-Stunde für Babys im Alter von 0-14 Monaten und ihre Eltern: so verspricht es die Ankündigung. Rosa Luftballons schweben im Raum, dessen Wände mit blauen Luftmatratzen abgegrenzt sind. Zwei weiß gekleidete Schauspielerinnen treten in das geschützte Rund. Marion Bihler-Kerluku und Mona Mucke bewegen sich vorsichtig zwischen den krabbelnden Kindern. Rasseln, Masken und wogende Laken kommen zum Einsatz. Eine beschwingte, leise Musik klingt im Hintergrund. Den losen dramaturgischen Faden der Choreografie bilden die vier Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Die Eltern sind für die Stöpsel solange abgemeldet.

Die BabyBühne als magischer Raum

"Babys sind kleine Entdecker, die sich ihre Umwelt mit allen Sinnen spielerisch erarbeiten. Sie begreifen ihre Welt unmittelbar und ungefiltert", so die Regisseurin in einem Video auf Youtube. Geboren wurde ihre Idee aus purem Mangel. In der Domstadt gibt es keine Angebote im Theater für Kinder unter 2 Jahren. "Eltern lieben es, mit ihren Babys etwas zu unternehmen und wir möchten eine großartige, babygerechte Möglichkeit anbieten!" Pro Vorstellung nehmen höchstens 24 Säuglinge mit Begleitung teil. So ist gesichert, dass alle das halbstündige Programm intensiv miterleben. "Wir verstehen die BabyBühne als magischen Raum, gefüllt mit Geräuschen und Lauten, die sich zu Sprache formen, Bewegungen die mit Licht und Schatten spielen, Töne die man berühren und anfassen kann".

Es krabbelt, brabbelt und wuselt

Plötzlich wird es dunkel. Eine Lichtkugel wirft tanzende blaue Tupfer an die Decke. Für einen Moment Stille und zwei Dutzend Köpfchen recken sich staunend nach oben. Dann wieder fröhliches Quietschen in völlig entspannter Atmosphäre. Öffentliche Fördermittel erhält das wehrli bisher nicht. Zwar fand man private Unterstützer über eine Internetplattform. Doch das Geld geht vor allem für die Requisiten und das Bühnenbild drauf. "Alles soll sicher und schadstofffrei sei. Nach Abzug der Gage für die beiden Schauspielerinnen bleibt nicht viel übrig". Auch wenn die Resonanz auf die ersten Termine begeistert war, bleibt es ein Zuschussgeschäft. Auch die Produktion einer angedachten DVD muss erst einmal warten.

BabyBühne auch für Erwachsene?

Was können wir Erwachsenen von der BabyBühne lernen? So frage ich Andrea Bleikamp, die selbst einen kleinen Sohn hat. "Babys lassen sich einfach auf die Dinge ein und schauen genau hin." Manche Mutter hat Sorge, ob ihr Kind auch alles mitbekommt. Doch das ist Nebensache. Die emotionale Ebene sei viel wichtiger. Einfach mal runterkommen. Manche Eltern regten schon an, man solle das Angebot auch für Erwachsene entwickeln. In der Betreuung von Demenzkranken sieht Andrea Bleikamp ebenfalls Potential für die Idee. "Nach den Proben waren wir alle immer unglaublich entspannt. Es ist eine sehr intensive Erfahrung". (Roberto Di Bella)