Wahrzeichen: Kölner Dom und Dombauhütte

Genau genommen ist der Dom ja eine Kathedrale, und die Hohe Domkirche ist als Eigentümer im Grundbuch eingetragen und die rechtliche Institution ist das Metropolitankapitel – doch das ist für den Kölner Firlefanz. Was zählt ist d'r Dom, und den losse mir in Kölle. Und meistens hat er auch einen Anzug an in Form eines Gerüstes. Und das ist auch gut so. Denn es ein Symbol für den Wohlstand der Erzdiözese.

„Der Kölner Dom ohne Gerüst ist keine Wunschvorstellung, sondern eine Schreckensvorstellung. Es hieße nämlich, dass wir uns den Dom nicht mehr leisten könnten.“ Diese Worte stammen von der Architektin Prof. Dr. Barbara Schock-Werner und sie muss es wissen. Sie war von 1999 bis 2012 verantwortliche Dombaumeisterin. Heute, nach dem Ausscheiden in den Ruhestand zeichnet Peter Füssenich seit 2016 für das gute Aussehen und die Standfestigkeit des Domes verantwortlich.

Kölner Dom: Kathedrale und Sitz des Erzbischofs

Und dieses Gotteshaus ist beeindruckend. Immer wieder. Wie es sich stolz und erhaben in den Himmel reckt – Wahrzeichen und Publikumsmagnet. Ziel für Gläubige und Touristen. Von überall in der Stadt irgendwie zu sehen. Doch niemand hier am Rhein nennt ihn Kathedrale – es ist der Kölner Dom, sichtbares Haupt einer der reichsten katholischen Diözesen in Deutschland und seit 20. September 2014 das berufliche Zuhause von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki.

Doch dieses monumentale Gebäude steht und fällt mit der Dombauhütte. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn es sind die unterschiedlichsten Handwerker, die den Dom instandsetzen und dafür sorgen, dass er bis in alle Ewigkeit erhalten bleib. Derzeit beschäftigt die Dombauhütte 100 Mitarbeiter, inklusive Auszubildende in den verschiedenen Berufsbildern. Dreiviertel davon arbeiten als Handwerker.

Kölner Dombauhütte hält Laib und Seele zusammen

Die meisten von ihnen sind Steinmetze, Steinbildhauer und Versetzsteinmetze. Letztere bauen defekte Steine aus und setzen sie wieder ein. „Ein Stein wird nicht verbaut, sondern versetzt“, erklärt der Pressesprecher der Dombauhütte, Matthias Deml. Außerdem gibt es noch vier Steinrestauratoren, zwei davon im Handwerk und zwei mit Hochschulabschluss. Sie konservieren die rund 50 verschiedenen Steinsorten, aus denen der Kölner Dom besteht. Hier stellt der Drachenfelser Trachyt eindeutig die Hauptgruppe dar – kommt also gewissermaßen aus der Nachbarschaft: dem Siebengebirge.

Die sechs Gerüstbauer und Dachdecker haben auch ständig zu tun. Und so ist der Dom ohne Gerüst wie anderswo auch eine Seltenheit. Dazu kommen die Schreiner, die für Türen, Bänke und Mobiliar verantwortlich sind, die Schlosser und Schmiede, die Glasrestauratoren und Glasmaler. Und die von der Verwaltung am Roncalli Platz.

Domkrahn: Hölzernes Wahrzeichen Kölns

Erzbischof und Kurfürst Konrad von Hochstaden legte 1248 den Grundstein für das erhabene Bauwerk am Rhein. Um 1520 stellte die Diözese für satte 300 Jahre die Bauarbeiten bis auf weiteres ein. Die Dombauhütte gab es vom ersten Tag und sie existierte mit kleiner Mannschaft auch über die Zeit des Baustopps weiter. Denn immerhin konnte 1322 als erster Bauteil der Chor feierlich eingeweiht werden. Und der brauchte Pflege. Ein hölzerner Baukran blieb als Wahrzeichen am Dom stehen – als Mahnung, den Dom eines Tages zu vollenden.

Im 18. Jahrhundert marschierten Napoleons Truppen in Köln ein. Sie verschleppten das wertvolle Archiv der Dombauhütte mit allen originalen Bauplänen und Zeichnung nach Paris. Seither ist es verschollen. Nur wenige mittelalterliche Pläne tauchten im 19. Jahrhundert wieder auf. Doch diese zeigen eindrucksvoll, wie hochqualifiziert die bautechnischen und künstlerischen Fähigkeiten der Baumeister zu jener Zeit waren. Erhalten geblieben ist der vier Meter hohe Plan der Westfassade des Doms, die erst sechs Jahrhunderte später fertig war.

Friedrich Wilhelm IV: Macht hin mit dem Dom

Es ist das Jahr 1842 und König Friedrich Wilhelm IV. will das monumentale Bauwerk endlich beenden. Nur bezahlen will er es nicht alleine. Es entsteht Fundraising auf preußische Art. Der Zentral-Dombau-Verein entsteht. Und heute wie damals stemmt dieser Verein zwei Drittel des jährlichen Etats der Dombauhütte. Der liegt bei rund 5, 5 Millionen Euro jährlich. Was bis 1842 lange währte, war dann in 38 Jahren vollbracht. Unter dem Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner (1833-1861) und Richard Voigtel (1861-1902) stellt die Dombauhütte mit mehr als 500 Handwerkern den Dom fertig.

Mit Dampfmaschinen und Eisenbahnschienen

Sie versuchen alles, um den erzbischöflichen Sitz möglichst getreu den mittelalterlichen Plänen entsprechend nachzubauen, so steht den Baumeistern im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert mehr technische Hilfe zur Verfügung. Sie arbeiten mit Windenwägen, die auf Eisenbahnschienen über die Gerüste der Baustelle fahren und eine Dampfmaschine kommt zum Einsatz. Dennoch ist die Leistung der Baumeister und Handwerker unglaublich. Besonderes Zeugnis hierfür: der 1860 errichtete Eisendachstuhl.

Kölner Dombauhütte gibt es seit dem ersten Stein

Seit 1248 ist die Dombauhütte für Bau und Instandhaltung verantwortlich ist. Viele Dombaumeister haben ihr Können einfließen lassen, unzählige Handwerker haben an der Fertigstellung und Restaurierung seither beigetragen. Und immer wieder wird restauriert, ausgebaut und eingesetzt. So richtig fertig ist der Dom nie. Darin hatte sich schon Richard Voigtel geirrt, als er kurz vor seinem Tod 1902 feststellt, der Dombau sei nunmehr endlich abgeschlossen. Denn schon vier Jahre später stürzt beim sonntäglichen Hochamt der Flügel einer Engelfigur über dem Hauptportal ab. Göttlicher Schutz und ein Regenschirm verhindern Schlimmeres.

Für den folgenden Dombaumeister war damit die Hauptaufgabe besiegelt: Bernhard Hertel (1903-1927) beginnt mit umfangreichen Restaurierungsarbeiten. Unter seiner Leitung und der seines Nachfolgers Hans Güldenpfennig (1928-1944) erneuert die Dombauhütte das gesamte Chorstrebewerk.

Der Zweite Weltkrieg setzt dem Gotteshaus zu

Nach außen hin nahm der Dom im Zweiten Weltkrieg kaum Schaden, doch genauer betrachtet waren die Schäden immens. Nach Ende des Krieges schafft es Willy Weyers (1944-1972) den Wiederaufbau des Kölner Wahrzeichens voranzutreiben. Bis zum Domjubiläum ist der Domchor und das Querhaus für die Öffentlichkeit wieder zugänglich. Das Langhaus indes kann erst viele Jahre später zum Katholikentag 1956 fertiggestellt werden.

Bis in die 80er Jahre ist die schöpferische Denkmalpflege Grundlage der Dom-Restaurierung. Das Erscheinungsbild des Doms bleibt zwar erhalten, im Detail allerdings gönnen sich die Verantwortlichen ein paar Freiheiten. Kapitelle, Kreuzblumen und Krabben erhalten figürliche Darstellungen und anstelle der im 19. Jahrhundert verwendeten Sandsteine setzt man als Baumaterial auf besonders haltbaren Lohndorfer Basallava.

Kölner Dom: heute ursprünglich

Dombaumeister Arnold Wolff (1972-1998) ändert dies und kehrt zurück zu einer möglichst originalen Wiederherstellung der Bauornamentik. Prof. Dr Barbara Schock-Werner schließlich verzichtet dann vollständig auf Basaltlava. Lediglich für die Wasserspeier verwendet man dieses Gestein noch, weil es so haltbar ist. Jetzt möchte die Dombauhütte ihren Dom mit Steinen ergänzen, die in Aussehen und Materialeigenschaften dem ursprünglichen bestand am nächsten kommen. 2013 richtete man deshalb eine Steinrestaurierungswerkstatt ein.

Auch die nächsten 100 Jahre stets im Anzug

Oberflächlich betrachtet ist der Kölner Dom jetzt fertig. Er steht wie ein Fels in der Brandung am Bahnhof. Doch so ganz ist er nie vollendet. Und hat immer seinen Anzug aus stählernen Gerüsten um sich herum. Die Dombauhütte wird auch die kommenden 100 Jahre dafür sorgen, dass die Kathedrale am Rhein ein Wahrzeichen bleibt: Majestätisch, überwältigend und beeindruckend – nicht nur für gläubige Christen, sondern für alle Kölner, die ihren Dom lieben und verehren. (Cornelia Bremer)