VfL-Fußball-Denkmal: Die Schande von Köln
Köln-Weidenpesch. Einst war die Fußballanlage des VfL Köln 1899 nahe der Pferderennbahn Schauplatz für Endspiele der deutschen Fußballmeisterschaft. Heute ist der heilige Rasen zum Sonderparkplatz mutiert. Und die Tribüne, wo Sönke Wortmann 2003 Das Wunder von Bern drehte, verfällt zusehends. Der Grund? Ein kurioser Mix aus Denkmalschutz, Fantasielosigkeit und Ignoranz.
Zunächst erinnert das in den letzten Jahren verfallene Fußballgelände im Kölner Norden an zwei Ereignisse: ein Wunder und eine Schande.
1. Das Wunder von Bern: Wir schreiben das Jahr 1954, Deutschland schlägt Ungarn im Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft mit 3:2. Den gleichnamigen Film dazu drehte Sönke Wortmann in Köln nach. Genau dort, wo heute das historische Sportareal mit seiner Tribüne verfällt: direkt neben der mondänen Rennbahn in Weidenpesch.
2. Die Schande von Gijón: Diesmal ist es das Jahr 1982. Bei der WM in Spanien führt Deutschland gegen Österreich mit 1:0. Schon während des Duells ist klar: Dieses Endergebnis sichert beiden Mannschaften das Weiterkommen. Was tun sie also? Den Ball unsportlich hin und herschieben bis zum Abpfiff. Gijón, eine der unbekanntesten Städte Nordspaniens, wird dadurch Zeuge des müdesten Gekickes ever.
Ganz und gar nicht unbekannt dagegen ist das Gelände an der Kölner Pferderennbahn. Hier lief Fritz Walter auf, hier steht die 1920 erbaute älteste Fußballtribüne Deutschlands. Und die sieht jetzt so aus:
Ratlosigkeit an der Rennbahnstraße
Die Anwohner an der Rennbahnstraße sehen mit an, wie das Areal des so legendären Platzes immer mehr verfällt. Das Glas bricht aus den Stahlhalterungen, die Bretter der Zuschauertribüne vermodern, die Kabel hängen aus dem Putz. Und warum all das? Die Tribüne mit Vorplatz ist Eigentum der Stadt Köln. Sie steht unter Denkmalschutz und hat als Pächter den Kölner Rennverein. Und was machen die dortigen Betreiber in Weidenpesch? Sie nutzen den historisch berühmten Sportplatz als Sonderparkplatz für Fans laufender Pferde! Es parken Autos, wo der VfL 1903 und 1906 um die Deutsche Fußballmeisterschaft spielte! Deren Niedergang ist schon beachtlich: 1986 war der Verein nur noch Kreisklasse und löste sich 2013 auf. Doch er war nun mal Spitze, bevor es Viktoria, Fortuna und erst Recht den 1. FC Köln gab. Lässt man so etwas verfallen? Aber klar. Köln hat ja auch schon mit dem legendären Flughafen Butzweilerhof wenig Geschichtsbewusstsein gezeigt. Wo einst Doppeldecker auf dem wichtigste Flughafen Europas landeten, steht heute Ikea.
Bei Einsturzgefahr greift der Denkmalschutz nicht mehr
Der Fall ist offensichtlich: Der Denkmalschutz der Tribüne verhindert einen Neubau. Daher ist das Gelände wenig rentabel. Wenn die Tribüne aber einzustürzen droht, könnte das Amt für Denkmalschutz den Besitzer enteignen. Und dann? Laut Stadtteilmagazin Für Nippes denken die Bezirkspolitiker darüber nach, das Bauwerk als Büro zu nutzen. Anwohnerin Renata Szymanski unten im Bild mit Hündchen Micky haben wir gefragt, was sie für die Zukunft der ältesten und kaputteste Fußballtribüne Deutschlands erhofft. Trockene Antwort: Ein Wunder wie in Bern!
Wo genau befindet sich die historische Fußballtribüne?
Vom Kölner Zentrum aus die Neusser Straße nach Norden bis zur Scheibenstraße. Dort rechts hineinfahren. Wenig später gegenüber der Feuerwehr wieder rechts einbiegen in die Rennbahnstraße. Durch den Eingang zur Pferderennbahn gehen, dann ist gleich rechts der ehemalige Fußballplatz mit der Tribüne sichtbar. Leider ist der Eingang meist geschlossen, ausgenommen an Renntagen, wenn dort Autos parken.
Text und Fotos: Tobias Büscher