Zugausfall nachts im NRW-Nahverkehr
Hat der Zug im Nahverkehr über 20 Minuten Verspätung, zahlt die DB Regio NRW je nach Uhrzeit 25 bis 50 Euro vom Preis für ICE oder Taxi. Mobilitätsgarantie heißt das Zauberwort. Doch was passiert eigentlich bei einem Zugausfall in der Nacht wegen einer Panne oder weil sich jemand vor den Zug wirft? Und was, wenn dann für die Fahrgäste nur ein Konkurrent von Taxifahrern am Gleis steht, obwohl Busse und Taxis versprochen worden sind? Hier unser Erfahrungsbericht.
Na super. Wir sind von einer Pressereise aus Nordspanien zurück, haben gerade noch die letzte S 11 vom Düsseldorfer Flughafen nach Köln genommen und in dem Kaff Nievenheim bleibt die Bahn auf halber Strecke stehen. Aus dem Lautsprecher kommt das Wort Personenschaden. Hat sich da jemand vor den Zug geworfen? Es geht jedenfalls nicht mehr weiter hier. Bahnbedienstete kommen durch die Gänge, gleich drei an der Zahl, beruhigen die Fahrgäste und sagen mehrmals wörtlich: "Draußen warten Busse und Taxis, die bringen Sie kostenlos an Ihr Ziel." Super geschult, doch die Aussage entpuppte sich als plumper Bluff.
Nachts im Nichts von Nievenheim
Es ist bereits nach Mitternacht in Nievenheim. Betontreppen, es brennt milchiges Laternenlicht. Irgendwo kläfft ein Hund. Ein paar Frauen und Männer um die 20 stehen verloren an den Gleisen, eine Frau mit großem Koffer, die gerade ihren Freund verlassen hat, eine sehr verunsicherte Schwarzafrikanerin, bestimmt noch keine 18 Jahre alt. Nur Busse stehen da draußen nicht. Und jetzt? Eine Stunde haben wir alle auf die Busse gewartet, sie kamen nicht. Was wäre gewesen, wenn hier ein geistig nicht mehr ganz fitter 90jähriger alleine am Gleis von Nievenheim gewesen wäre? Oder eine 14jährige mit leerem Handy und zwei Euro in der Tasche? Offensichtlich hat das Bahnpersonal die Notlüge "Busse stehen bereit" bringen müssen, damit keine Panik aufkommt spät in der Nacht. Und unser Fehler war: wir haben das geglaubt und gewartet. Tipp: Nach zehn Minuten ein Taxi per Handy rufen, vor allem nachts, und dann erst mal das Geld vorstrecken.
Was tun beim Bahnstillstand im NRW-Nahverkehr?
Auf jeden Fall sollte sich der Kunden im NRW-Nahverkehr bei einem Stillstand verhalten wie bei einer Verspätung. Er lässt sich vom Taxifahrer eine Quittung aushändigen. Zuhause lädt er die PDF namens Mobilitätsgarantie herunter, druckt sie aus, füllt sie aus und klebt die Originalquittung des Taxis sowie den Fahrschein darauf. Einscannen der Originale vor dem Abschicken ist wichtig!
Link zur Mobilitätsgarantie der Bahn
Adresse für die Quittung und den Fahrbeleg
DB Regio AG Region NRW
Kundendialog
Bahnhofstraße 1-5
48143 Münster
Regio erstattet tagsüber 25, nachts 50 Euro - vielleicht
Die Mobilitätsgarantie bezieht sich eigentlich auf Verspätungen im Nahverkehr ab 20 Minuten, wenn keine alternative Fahrmöglichkeit besteht. Dann kann der Fahrgast ein Taxi oder einen ICE nehmen. Die Bahn ersetzt 25 Euro des Fahrpreises, nachts zwischen 20 und 5 Uhr sogar 50 Euro. Was kaum jemand ahnt: Die Mobilitätsgarantie greift tatsächlich auch bei Zugausfällen.
In unserem Fall in Nievenheim stand da einer dieser Privatanbieter, die den Taxifahrern so gerne Konkurrenz machen. Da es kalt war und spät und kein anderes Auto in der Nähe war, haben wir diesen Wagen genommen bis Köln. Auf dem Weg kurz nach Nievenheim sah es aus wie in einem Tatort mit etwas zu viel Blaulicht. Überall Polizisten. Der Fahrer dieser Mietwagenfirma namens Uschi, offenbar auch als Pseudo-Taxi gerne im Einsatz, nahm das locker. Raste wie eine gesenkte Sau über Nebenstraßen und bei 30 mit über 80 km/h. Eine Mitfahrerin rief: „ich will raus hier“. Ein anderer erkundigte sich: „Sind Ackerwege Schnellstraßen?“ Er fuhr mehrmals falsch, oft zu schnell und sogar an einer Straßensperrung vorbei.
Klare Regeln der Bahn? Kulanz!
Zurück zum Nahverkehr. Nach Ankunft um drei Uhr nachts in Köln war am nächsten Tag Zeit für Recherche. Pressesprecher Holger Klein von VRSinfo bestätigte uns telefonisch, dass wir die PDF auch im Fall eines Ausfalls statt einer nächtlichen Verspätung nehmen können. Da es sich nicht um ein registriertes Taxi handelte, waren wir auf Kulanz angewiesen. Das Geld ist uns dann aber gut eine Woche nach Einreichen in voller Höhe von 50 Euro überwiesen worden.
Fazit: Lügendes Personal der Linie S11 auf dem Weg von Düsseldorf nach Köln. Unklare Regeln für den Stillstand im Nahverkehr NRW. Kulantes und schnelles Verhalten des DB Regio in Münster.
tb