
Café Mi Tienda: Kölner Kleinod in der Südstadt
Das spanisch-südamerikanische Café „Mi Tienda“ in Kölns Südstadt liegt versteckt an der Ecke Lothringer/Metzerstraße. Anwohner, Arbeiter und Akademiker lieben den kuscheligen Laden von Ana Maria Peloche und José Antonio Arancio.
Ein verregneter Montag um 11:30 Uhr in Köln. Drinnen im wohlig warmem Café südöstlich vom Chlodwigplatz umfängt mich ein intensiver Kaffeeduft. Die Eigenmischung von Pepe, wie Stammgäste den spanisch-italienische José Antonio nennen, ist ein Geheimtipp und lässt das Herz von Kaffeeliebhabern höher schlagen.
Theken-Tipps und Tuscheln am Hochtisch
Ich bestelle einen Milchkaffee und setze mich auf den letzten freien Platz. Ein Mann mittleren Alters blättert in der taz, eine Blondine mit Tochter spricht mit Pepe. Das Mädchen hat sich die Hand verletzt und er gibt Tipps zur Behandlung. An einem Hochtisch tuscheln zwei junge Männer. Eine Frau schreibt in ihr Notizbuch und nippt dabei gedankenverloren an ihrem Kaffee. An der Theke bildet sich eine Schlange. Pepe ist heute alleine. Die aus Uruguay stammende Ana ist erkältet und zu Hause geblieben.

Pana-Kaffee und Jazz in der Ex-Apotheke
Tony Benetts Route 66 erklingt leise aus den Lautsprechern der ehemaligen 50er-Jahre-Apotheke. Das Interieur ist geblieben, die Schränke und Vitrinen sind befüllt mit Kaffee, spanischen Süßigkeiten à la Fuentes Suprema, Weinflaschen und exotischen Biersorten wie Brahna, Cubanero, Polar, Pilsen und Quilmes. Die im Café verwendete Kaffeemarke Pana gibt es nur hier. Pepe führt nebenher ein eigenes Geschäft mit Kaffeeprodukten und –vollautomaten.
Brötchen für 1,20 €
An der Theke gibts kleine Snacks. Sehr zu empfehlen sind die Brötchen mit scharfer Chorizo und die mit Gemüse oder Hackfleisch gefüllten Empanadas. Und das Größte daran, alle Preise sind mehr als günstig. Ein exquisiter Milchkaffee für 1,70 Euro oder ein belegtes Brötchen für 1,20 Euro, wo gibt´s das heute noch. Die Leute danken es Ana und Pepe durch eine große Stamm- und Laufkundschaft. Ob „Hola“ oder „Hallo“ – Bestellungen nehmen sie sowohl auf Deutsch als auch auf Spanisch entgegen. Kleines Schwätzchen inklusive versteht sich.
Spanische Schokolade zur Papierzeitung
Als nächstes ordere ich eine Spanische Schokolade. Die hat mir eine Bekannte wärmstens ans Herz gelegt. Schon der erste Schluck hinterlässt einen samtig-süßen intensiven Schokoladengeschmack auf meiner Zunge. Aufkeimende Glücksgefühle wärmen meinen Bauch. Jetzt ist es Zeit für die Tageszeitung. Denn auch das ist bei Ana und Pepe klasse: Die Gäste können aus dem Sortiment zwischen Kölner Stadtanzeiger, taz, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt und Express auswählen. Kaffee oder Schokolade und Zeitung passen hervorragend zusammen. Ein weiterer Stammgast erscheint und fragt nach dem Kölner Stadtanzeiger. Ich habe ihn schon öfter hier gesehen. Als ich meine Lektüre beende, hat sich das Bild im Café gewandelt. Nun sitzen andere Gäste um mich herum. Alle scheinen Pepe persönlich zu kennen - sie duzten sich und unterhalten sich angeregt.
Feiern bei Tante Ana und Onkel Pepe
Nachdem sich das Café geleert hat, komme auch ich mit dem Inhaber ins Gespräch. Seit 15 Jahren bestehe der Laden schon, sagt er. Die Einrichtung hat er von der Paulus-Apotheke übernommen. Er zeigt mir zwei Bilder, die über den Regalen hängen und die alte Apotheke bei der Eröffnung in den 50er Jahren und später mit Leuchtreklame in den 60er Jahren zeigen. Nachdem ich mich als Teilnehmer einer Weiterbildung des in der Nähe liegenden mibeg-Instituts geoutet habe, führt er mich zu einem Foto in der Vitrine. Eine Gruppe von mibeg-Absolventen feierte im Sommer 2009 auf der Terrasse des Cafés ihren Abschluss. Bei „Tante“ Ana und „Onkel“ Pepe, wie sie sie herzlich nannten. Der mit mir verbliebene Zeitung lesende Stammgast macht deutlich: „Dieser Ort hier ist eine Institution!“. So stelle ich mir das ideale Café vor – persönlich, familiär und kultig. 12:30 Uhr - nach einem letzten Latte Macchiato und einem leckeren Chorizo-Brötchen muss ich mich leider wieder von Pepe und der gemütlichen Atmosphäre verabschieden. Doch klar ist: nicht für lange.
Text: Susanne Dietrich