Hintergründe zum KiWi-Buch Grabungsfieber vom Kölner Josef Gens

Römergrab neun Meter unter dem Elternhaus

Angeblich buddelten sie in Köln einen Partykeller aus. In Wahrheit gruben Josef Gens und seine Freunde aus Wissensdurst und stießen auf das bislang spektakulärste erhaltene Grab aus der Römerzeit: das Poblicius-Grabmal. Später verkauften sie es für 500 000 Mark an das Römisch-Germanische Museum. Und 2013 ist ein Buch über das Abenteuer bei KiWi erschienen, geschrieben von Josef Gens höchstselbst.

Was macht der Nachwuchs, wenn die Eltern im Theater sind? Na klar, das Badezimmer einsauen. So geschehen auch am Chlodwigplatz, an einem Märztag des Jahres 1967. Josef Gens, damals Mitte 20, und seine Freunde hatte die Arbeitshandschuhe noch an. Sie brachten einen großen schweren Brocken aus dem tiefen Erdreich ins Bad, verteilten den Lehm großzügig auf dem Boden und legten einen Steinkopf mit langer gerader Nase und Augen mit großen Pupillen frei. Den Kopf stellten sie dann erstmal auf dem Esstisch ab und gingen wieder in den Schacht hinunter. Da musste ja noch mehr sein. Beatmusik lief, die Maschinen brummten. Und Josef Gens ahnte wahrlich noch nicht, dass er eines Tages ein Buch über das Thema beim KiWi-Verlag veröffentlichen sollte.

Was soll der Kopf auf dem Esstisch?

Als die Mutter nach dem Theater ins Zimmer kam und auf den Tisch blickte, stieß sie einen gellenden Schrei des Entsetzens aus. Und erlebte später einen Paukenschlag. Denn ihre Söhne und deren Freunde hatten eines der spektakulärsten Gräber aus der Römerzeit entdeckt. Der Kopf ist Teil eines pompösen, dreigeschossigen Pfeilergrabmals von Lucius Poblicius, einem römischen Veteranen der 5. Legion und Wahl-Imi Kölns aus dem 1. Jh. nach Christus: mit gut erhaltenen Figuren, zwei Bildnissen vom Hirtengott Pan, Reliefs und Inschriften. Einst stand das Kunstwerk (heute mit Sockel 14,81 Meter hoch) an der Heerstraße nach Bonn. Und mit der Zeit sackte es tief in die Erde der Domstadt, wo noch viele unentdeckte Römerschätze liegen.

Ignorante Beamte? Dann machen wir es halt selbst!

Darf das wahr sein? Bereits drei Jahre zuvor hatten die Jungs den ersten Quader unter dem Gelände der Eltern entdeckt und die Stadt informiert. Doch die Beamten reagierten nicht. Daraufhin bauten sie ohne Genehmigung ein regelrechtes Bergwerk unter dem Elternhaus in der Südstadt. Inklusive Fertigbeton, Eisenträgern, Ziegeln und Zement. Gens erzählt in seinem Buch, wie er als Junge nach dem Krieg bereits durch Bomben freigelegte Funde aus der Römerzeit erblickt hatte und beim Wiederaufbau Kölns genau hinsah. Die Bauarbeiter löcherte er dabei so lange mit Fragen, bis sie sich gegenseitig vor ihm warnten. Er lernte viel. Genug, um später im Hobby-Archäologen-Team einen der wunderbarsten Schätze Kölns ans Tageslicht zu bringen.

Maschinenbauer wird KiWi-Autor

Die Brüder Heinrich, Josef und ihre fünf Freunde haben damals über 13 000 Stunden in ihr Hobby investiert. Doch Archäologe ist niemand von ihnen geworden. Josef Gens (*1943) wurde Maschinenbauingenieur. Und sein 352 Seiten dickes Buch bei KiWi hat auch genau den Stil eines Ingenieurs: sachlich, verschachtelt, stellenweise etwas zähflüssig. Doch wer sich einliest, bemerkt: Herzblut pur und Humor steckt in dem Buch. Zudem eine beachtliche Dokumentation der Fundstücke mit vielen Lageplänen, Schwarzweißbildern und Gutachten.

Mer losse dat Grab in Kölle ...

Im Nachhinein gebührt dem Kölner Josef Gens und seiner Familie der volle Respekt. Nach damaliger Rechtslage noch aus der Preußenzeit gehörte ihnen der Fund. Und aus dem Ausland, darunter den USA, kamen Angebote in Millionenhöhe. Doch ein echter Südstädter lässt sich eben nicht kaufen. Und so bekam das Römisch-Germanische Museum den damals so sensationellen Fund für 500 000 Mark. Josef Gens erhielt 2012 den Severins-Bürgerpreis. Eine gute Wahl. Bisschen spät, aber et kütt halt wie et kütt. (tb)