Finkens Garten: Paradies im Kölner Süden

Äpfel sammeln auf der Streuobstwiese, Signale hören über ein Baumtelefon oder Libellen am Teich beobachten: in Finkens Garten können besonders Kinder ganz viel Natur mitten in der Großstadt erleben. Und das mit allen Sinnen. Fühlen im Handtastgarten, Schnuppern im Nasengarten und natürlich Naschen: Brombeeren, Himbeeren oder Zitronenmelisse. Ja sogar Chili wächst hier im Gewächshaus. Aber Vorsicht: Der ist scharf!

Das rund 5 Hektar große Gelände ist Heimat von Fröschen, Vögeln, einem Fuchs und ganz vielen Bienen. Sie haben dort sogar ein Haus. Pänz können ihnen so bei der Arbeit zusehen. Den leckeren Honig kaufen viele Besucher jeden zweiten und vierten Sonntag im Monat von März bis November vor Ort. Und im letzten Jahr haben sogar zwei neue Bewohner Finkens Garten als Brut- und Wohnort für sich entdeckt: das Waldkautzpärchen Walburga und Waldefried.

Naturerlebnis für Kita-Pänz

Finkens Garten ist vor allem ein Ort für Kinder - mit spannenden Themenparcours. Das Gelände ist von 9 Uhr bis Sonnenuntergang für jeden geöffnet. Eintritt frei. Gastronomie: Fehlanzeige. Eine bewusste Entscheidung, erklärt uns Rebecca Lay im Gespräch. Die Diplom-Biologin kümmert sich in leitender Position um das Areal. Finkens Garten soll seinen Charakter behalten. Und dazu gehören auch wilde Wiesen, Brombeerhecken und Brennnesseln. Gestutzte Buchsbaumfiguren oder millimetergenau gemähter Englischer Rasen sind hier undenkbar. Ebenso wie Café-Touristen.

Viele Kölner Pänz lernen den wunderbaren Naturerlebnisgarten übrigens bei einem KiTa-Ausflug kennen. Die Führungen für die Kleinen dauern 1,5 Stunden und sind komplett kostenlos. 200 bis 300 davon machen Rebecca Lay und ihre überwiegend ehrenamtlichen Helfer pro Jahr. Allein die Anreise mit der KVB ist ein Erlebnis. Und manche Kinder sehen dann durch die Fenster der Bahn das erste mal den Rhein und halten ihn für das Meer, erzählt Rebecca Lay. Doch dann beginnt eine spannende Reise durch die Natur: ein großes Abenteuer für die ganz Kleinen.

Fallobst naschen, Mimosen erschrecken

Pflanzen benennen, Tiernamen auswendig lernen: langweilig. Kinder sollen Natur sehen, schmecken, hören, ertasten, riechen. Doch schon die Minis haben Vorurteile – übernommen von Eltern oder den Kita-Angestellten: Natur ist dreckig, Natur ist gefährlich. In Finkens Garten gehört ein bisschen Dreck dazu. Und klar: Brennnesseln anfassen tut weh. Dagegen hilft jedoch der Blattsaft vom Spitzwegerich gleich nebenan. Kinder sollten eben aus eigenen Erfahrungen lernen.

Dafür dürfen Sie in Äpfel aufsammeln und probieren – kein einziger so perfekt wie im Supermarkt. Aber viel leckerer. Im Gewächshaus gibt es dann noch mehr Überraschungen: Feinblättrige Pflanzen mit zart lila Blüten. Das Besondere? Es sind echte Mimosen. Und die schließen schon bei der kleinsten Berührung ihre Blätter zum Schutz. Ein Highlight für die Pänz und als Andenken bekommen die Kindergruppen sogar ein kleines Exemplar als Andenken mit nach Hause.

Kölner Hennes mit eigener Pflanze

Noch eine spannende Pflanze steht hier: die Elefantenohrpflanze. Ganz weich und samtig fühlen sich ihre Blätter an. Oder – wie eine kleine Besucherin Rebecca Lay einmal mitteilte – „wie das Sofa meiner Oma.“ Mitten drin im Gewächshaus leuchten kleine glockenförmige Schoten: Glockenchili. Sehr scharf sind die, aber nicht an allen Stellen gleich, erzählt Rebecca Lay. Noch eine interessante Chilisorte wächst hier heran: Ihre Früchte sind zunächst lila, dann fast weiß und reifen dann über gelb und orange knallrot.

Draußen im Nasengarten geht es - Überraschung – ums Riechen. Hier wachsen die Hennes-Pflanze mit Ziegenbock-“Duft“ und die Verpiss-dich-Pflanze, die Hunde, Katzen und andere Tiere meterweit geruchlich auf Abstand hält. Aber auch Nasenschmeichler wie die Coladuft-Pflanze, Salbei und mehr. Kinder finden eher die Namen lustig, Erwachsene die kuriosen Düfte. Dann locken Baum-Parkour und natürlich das Baumtelefon direkt nebenan.

Kölner Sondergarten ohne Finanzmittel der Stadt

All diese wunderbaren Erlebnisse für Pänz und natürlich auch Erwachsene wären allerdings undenkbar ohne einen gewissen Herrn Kittlass. Früher war Finkens Garten eine Baumschule und Staudengärtnerei. Seinen Namen verdankt der Garten der einstigen Inhaberfamilie Finken. Doch Fräulein Finken verkaufte das Areal in den 70ern an die Stadt.

Bernd Kittlass – in leitender Position beim Grünflächenamt Köln – entdeckte das Potential des Gartens und kümmerte sich darum. Echt Kölsch – mit Wissen, viel Einsatz, Liebe zu Mensch und Natur, Kontakten und etwas Klüngelei. Denn offiziell gehört Finkens Garten zwar – wie Rheinpark und Flora – zu den Sondergärten der Domstadt, bekommt aber kaum finanzielle Unterstützung. Bis heute.

Bernd Kittlass mit dem grünen Daumen von Köln

Kittlas, der noch bis vor wenigen Jahren das Haus in Finkens Garten mit seiner Familie bewohnte, ist in Köln kein Unbekannter. Mit hunderten Vorträgen „Der grüne Daumen“ brachte er tausende Kölnern die Liebe zum Gärtnern bei. Aber auch deutschlandweit machte er sich in den 70ern eine Namen: Er war Sonderbeauftragter des Zentralverbandes Gartenbau für die Bundesgartenschau 1971 in Köln und 1973 für die Internationale Gartenbauausstellung in Hamburg.

Heute steht das große weiße Haus in Finkens Garten weitestgehend leer. Das Wasser ist abgestellt. Frau Lay hat hier ihr Büro und im Wintergarten treffen sich die Freiwilligen bei schlechtem Wetter zu einen Tee aus Zitronenverbene. Die wächst in großen Kübeln direkt vor der Tür. Von außen wirkt das Haus intakt – innen ist aus baufällig. Potemkinsche Dörfer mitten in Köln. Der Stadt fehlt das Geld.

Finkens Garten erhalten

Bernd Kittlass hat an Nachfolgerin Rebecca Lay übergeben, die sich mit viel Engagement für den Erhalt von Finkens Garten einsetzt, die Anlage pflegt und für Pänz attraktiv hält. Unterstützung bekommt sie von 30 Ehrenamtlichen Helfern und einer städtisch angestellten Gärtnerin. Das Kolping Bildungswerk arbeitet hier zusätzlich mit Menschen, die ein so genanntes Berufsvorbereitungsjahr absolvieren. Besonders Langzeitarbeitslose sollen so eine neue Chance in der Arbeitswelt bekommen.

Doch anders als seinerzeit Bernd Kittlass schafft die Stadt Köln bislang keine offizielle Stelle für die Leitung von Finkens Garten. Sie unterstützt jedoch den Förderverein. Und der wiederum zahlt das Gehalt von Frau Lay. Viele Dinge gehen hier in Finkens Garten auf dem kleine Dienstweg. Hilfe ist immer gerne willkommen – Spenden auch. Sind neue Projekte geplant? Nein, sagt Frau Lay. Finkens Garten soll erhalten bleiben. Das ist die Hauptaufgabe. Aber dafür gibt es leider keine Projekt-Sondertöpfe mit dicker finanzieller Ausstattung.

Ehrenamtliche Führer für Finkens Garten gesucht

Frau Lay sucht übrigens immer wieder ehrenamtliche Helfer für die vielen Kita-Führungen, am liebsten jeweils für eine festen Tag in der Woche. Vorkenntnisse brauchen Interessierte hierfür nicht. Aber ein Händchen für Kinder und ganz viel Liebe zur Natur. Denn die sollen sie vermitteln. Den Rest können sie hier in Finkens Garten lernen.

Doch auch ohne Führung ist Finkens Garten immer eine Ausflug wert – sogar bei schlechtem Wetter. Dann sind Regenkleidung und Gummistiefel allerdings Pflicht. Denn außer ein paar Hütten bietet der Garten nur Bäume als Schutz. Aber da lässt ich prima ein mitgebrachtes Picknick verspeisen und dann? Mal sehen, welches Abenteuer heute wartet. Vielleicht Fuchsspuren im Schnee oder die köstlichen gelben und roten Himbeeren am Strauch. (Silke Büscher)