Aaron Knappstein

Er macht Führungen für das NS-Dokumentationszentrum in Köln rund ums jüdische Köln. Er ist Mitglied sowohl in der orthodoxen jüdischen Gemeinde in der Roonstraße als auch in der jüdischen liberalen Gemeinde in Köln Riehl. Dort war Aaron Knappstein lange im Vorstand. Und er ist Mitglied im Karnevalsverein StattGarde Colonia Ahoj.

Aaron Knappstein(*1971) ist Köln immer treu geblieben. „Es gab aber eine kurze Zeit nach der Vereinigung, da hätte ich mir auch vorstellen können, Deutschland ganz zu verlassen“, sagt er und spielt auf die rechts motivierten Übergriffe unter anderem auf Flüchtlingsheime damals an. Und heute? Ist Antisemitismus ein Problem für ihn oder für Kölner Juden? „Deutschland hat sich so sehr mit der Vergangenheit auseinandergesetzt, dass ich keine Angst vor Einschränkungen als Jude habe “, erzählt er. Und doch steht die Polizei häufig vor der Synagoge in der Roonstraße oder auch in Riehl vor der Synagoge der Liberalen jüdischen Gemeinde.

Erinnerung an Shoah am Leben erhalten

Er studiert Judaistik und Politikwissenschaften und geht 1997 der Liebe wegen nach Kopenhagen, und arbeitet dort für zwei Jahre in der jüdischen Gemeinde. „Mir ist es wahnsinnig wichtig, die Erinnerung am Leben zu erhalten.“ Und deshalb arbeitet er seit rund acht Jahren als freier Mitarbeiter für das NS-Dokumentationszentrum in Köln. Aaron Knappstein zeigt jüdische Schicksale in der Nazi Zeit auf, erzählt von traurigen Geschichten hinter jüdischen Gräbern und von stillen Helden, die geholfen haben. Er führt Menschen durch das ehemalige jüdische Ehrenfeld oder die Innenstadt. Aber er weckt keine Schuldgefühle bei den Besuchern. Er informiert, sensibilisiert. Details über seine eigene Familiengeschichte, so bat Aaron Knappstein, möchte er nicht in die Öffentlichkeit bringen. Das respektieren wir selbstverständlich.

Ein Liberaler durch und durch

Obwohl Aaron Knappstein in beiden jüdischen Gemeinden Mitglied ist, bezeichnet er sich als liberalen Juden. „Die orthodoxen Juden gehen davon aus, dass das Alte Testament von Gott gegeben ist und sich nicht verändern darf. Nur das konsequente Leben nach den mosaischen Gesetzen ist wichtig“, sagt er. Das hat Konsequenzen für das alltägliche Leben und auch für den Tod. „Die liberalen Juden sehen nur die Ethik und Moral als unveränderlich an, die Kaschrut wird hingegen eher lockere gesehen. Ich bin schließlich kein besserer Mensch, wenn ich koscher esse.“ Und er möchte später einmal neben seinem nichtjüdischen Freund begraben werden. Auf dem orthodoxen Friedhof in Köln-Bocklemünd geht das nicht, auf dem der liberalen Gemeinde aber schon. Bereits mit 16 hat er sich geoutet. Und lebt inzwischen mit seinem nicht jüdischen Partner in Köln.

Shlomo ist immer dabei

Ebenfalls zur Familie gehört der acht Monate alte Labrador Rüde Shlomo, was so viel bedeutet wie der Friedfertige. Bei unserem Besuch sammelt er auch gleich Streicheleinheiten ein und legt sich dann friedlich in sein Körbchen. Er darf jeden Tag mit ins Büro nach Brühl, wo sein Herrchen als Niederlassungsleiter einer dem Land NRW unterstellten Personalvermittlung mit sozialem Auftrag arbeitet. Knappstein mag auch den Karneval, wie bereits seine Eltern. Er engagiert sich seit 2006 für den Männertanzcorps StattGarde Colonia Ahoj. und war lange als 1. Offizier im Vorstand. Die Stattgarde besteht fast nur aus Schwulen, doch seit kurzem tanzen auch zwei Hetis mit. Dennoch steht auf der Homepage deutlich: Wir stammen aus dem Rosa Karneval!(http://www.stattgarde.de). Gleich dreimal (2014, 2015 und 2017) wählten die Leser einer Kölner Boulevard Zeitung die Tänzer zum besten Tanzcorps Kölns und sie erhielten dafür den Närrischen Oskar. Wegen ihrer Bühnenpräsenz und herausragenden Akrobatik.

Zur Steubenparade nach New York

Gemeinsam mit seinen Karnevalskumpels fliegt Aaron Knappstein 2016 nach New York zur Steubenparade. „Das war spannend, doch ein Spaziergang im Vergleich zum Rosenmontagszug“. Mit New York selbst verbindet Aaron Knappstein und die StattGarde ein besonderes Verhältnis. Die Tochter des jüdischen Karnevalisten Hans David Tobar, Lilo Tobar, lebte dort und war Ehrenmitglied des Vereins. Dann ruft die Arbeit wieder. Doch zuvor kommt Shlomo, der Friedfertige noch mal aus dem Korb. Und holt sich von unserer Redakteurin eine letzte Streicheleinheit ab.  (Cornelia Bremer)