
Mit verbundenen Augen durch Köln
Der Gründer der ersten unsicht-Bar Deutschlands hat ein neues Projekt. Neben dem Essen in totaler Dunkelheit bietet er inzwischen einen sogenannten Blindwalk an. Die Teilnehmer erkunden bei diesem Blinde-Kuh-Spiel die Gegend um den Dom mit einer Augenbinde.
Beim Blindwalk müssen sich die Teilnehmer voll auf all ihre Sinne verlassen, denn sie tragen blickdichte Augenmasken. Damit nicht alle wie die blinden Hühner übereinander purzeln, schreitet ein sehender Guide voran und versorgt seine Schützlinge via Kopfhörer mit Infos. Außerdem teilt er Rucksäcke mit Handgriff für den jeweils dahinter Laufenden aus. Danach geht es in Polonaisen-Formation auf Tour.
Im Gänsemarsch vorsichtig rund um den Dom
Vorne der Guide und hinten seine noch etwas unsicheren Schäflein. Für die meisten ist das Blinde-Kuh-Spiel schon etwas her. Aber nach einer Weile fühlen sich die Teilnehmer in der ungewohnten Situation wohl. Außerdem sorgt der Reiseführer für gute Stimmung und passt auf alle auf. So geht es Schrittchen für Schrittchen vorwärts.
Intensive Hörerlebnisse dank Augenbinde
Wer sich dann langsam an das "Sightseeing" ohne Sehen gewöhnt hat, nimmt den Bereich um den Dom ganz anders wahr. Weil ein Sinn ausgeschaltet ist, liegt die Konzentration beim Laufen ganz auf dem Hören und Tasten. Stimmengewirr und verschiedene Sprachen oder Vogelgezwitscher nimmt der gestresste Kölner sonst gar nicht so deutlich wahr.

Orientierungslos in der Heimatstadt
Schon nach ein paar Minuten verlieren die meisten erst einmal die Orientierung. Aber genau das ist das Spannende an dieser Tour rund um den Dom. Anhalten, tasten, hören, riechen. Einige Teilnehmer hören zum ersten Mal das leise Rauschen des Rheins bewusst oder spüren, wie sich der Boden unter den Füßen verändert. Und auch der Geschmackssinn spielt eine Rolle.
Hören, Riechen, Tasten und Schmecken
Beim Picknick verteilt der Guide Erdbeeren oder auch Schokolade aus und die Teilnehmer merken: Das Auge isst nicht immer mit. In etwas blind reinzubeißen kostet Überwindung, wie in der blind-Bar auch. Aber es ist auch ein Riesenspaß. Das gilt natürlich genauso für die Gespräche mit den Teilnehmern, deren Gesten und Gesichtsausdrücke im Dunkeln bleiben.
Dann geht es noch eine Weile im Gänsemarsch weiter um den Dom herum, bis die Tour nach 2 ½ Stunden zu Ende ist. Jetzt erst mal Augenmaske ab und Durchatmen. Die intensiven Eindrücke bleiben aber sicher noch länger in ihrem Gedächtnis. Und ein guter Service der Betreiber kommt noch dazu: Die 1,2 km lange Strecke mit allen "Sightseeing"-Punkten lässt sich später im Internet aufrufen. (Ricarda Alder)