Echt Kölnisch Wasser: eine dufte Geschichte

Touristen kaufen als Souvenir gerne eine Flasche 4711. Daheim allerdings verstaubt der Flakon mit dem blaugoldenen Etikett. Denn mal ehrlich, der Duft riecht nach Uroma. Die hätte sich allerdings gefreut. Denn zu ihrer Zeit half Echt Kölnisch Wasser angeblich sogar gegen Kopfschmerzen.

Zunächst mal: wer hats erfunden, dieses originale Kölnisch Wasser? Lange vor 4711 gab es das Duftwässerchen eines Herrn Farina. Der hatte sein Eau de Cologne bereits 1709 auf den Markt gebracht und verkaufte es überaus erfolgreich in alle Welt. So erfolgreich, dass bald zahlreichen Nachahmer wie der Kaufmann Wilhelm Mülhens ins Parfüm-Business einstiegen. Der hatte einen guten Riecher fürs Geschäft und wegen seinem Ottekolong nannten ihn die Domstädter später De Nas vun Kölle.

Vom Wunderwasser zum Duft mit Zahl

Während der französischen Bestatzung 1794 sorgte der Kommandant Daurier für fortlaufende Hausnummern in Köln. Seine Untergebenen sollten sich schließlich ordnungsgemäß einquartieren. Ein Soldat ritt darauf durch die Glockengasse und malte vom Pferd aus die Zahlen an die Häuserwände. So kam das Mülhens-Haus zu seiner berühmten No. 4711.

Den Franzosen verdanken die Kölner übrigens auch, dass sie Kölnisch Wasser heute nicht mehr trinken müssen. Denn die Bürokraten verlangten Einsicht in die Rezepturen für alle innerlich anwendbaren Mittel. Natürlich wollte sich kein Hersteller in die Karten gucken lassen. Darum wirkten viele Wunderwässer plötzlich nur noch äußerlich, ab 1810 auch 4711 Echt Kölnisch Wasser. Es muss sowieso scheußlich geschmeckt haben, egal ob pur oder mit Wein versetzt.

Name Farina soll Verkauf beflügeln

Bevor Wilhelm Mülhens voll ins Duftbusiness einstieg, machte er zunächst in Spekulationsgeschäften. Zu seiner Hochzeit am 8. Oktober 1792 schenkt ihm ein Kartäusermönch namens Farina die Rezeptur für ein Aqua Mirabilis, ein Wunderwasser zur inneren und äußeren Anwendung. So jedenfalls erzählt es die Firmenlegende. Ein Schelm, wer bei dem Namen des frommen Mannes an den erfolgreichen Erfinder des Eau de Cologne denkt. Was dann allerdings passierte, stinkt Farina Gegenüber am meisten. Bis heute.

Der gute Namen Farina im Duftgeschäft brachte Mülhens auf eine Idee: Er nahm einfach andere Männer mit Nachnahmen Farina als Teilhaber auf. Denn der italienische Name für Mehl war selbst in Deutschland keine Seltenheit. Und so hieß das Unternehmen zeitweise beispielsweise "Franz Maria Farina in der Glockengasse 4711 der Post gegenüber". Doch damit nicht genug. Mülhens soll sogar einem Farina aus Italien die Namensrechte abgekauft und zwischen 1804 und 1824 über 25 Mal an andere Interessenten weiterveräußert haben.

Mülhens verliert, aber nur vor Gericht

Besonders das Unternehmen Farina Gegenüber kochte vor Wut und klagte immer wieder. Es folgte eine Prozesswelle. Auch andere Interessenten kämpften um die Recht am Namen Farina. Erst im April 1881 untersagte das Oberlandesgericht zu Cöln Ferdinand Mühlhens, der seinerzeit Geschäftsführer des Famielenunternehmens war, endgültig den Gebrauch des Namens Farina. Fortan stand im Handelsregister: Eau de Cologne- und Parfümerie-Fabrik Glockengasse No. 4711 gegenüber der Pferdepost von Ferd. Mülhens.

4711 erobert die Welt

Der Erfolgsgeschichte von 4711 hat das nicht geschadet. Im Gegenteil. Die Marke hatte ihren Siegeszug rund um den Globus längst begonnen. Weltweit gründete das Unternehmen Niederlassungen und verschiffte seine Parfüms bis in den letzten Winkel der Erde. Clever setzten die Inhaber der Marke 4711 schon früh auf die sechseckigen Molanus-Flaschen. Nur so war der Transport der kostbaren Düfte möglich, der Bruch gering. Gleichzeitig ließ sich diese neue Flaschenform großflächig und sogar farbig etikettieren. Sie bekam das noch heute verwendete blau-goldene Etikett.

Im frühen 20. Jh. revolutionierte ein neues Verfahren die Parfümindustrie. Erstmals konnten die Parfümeure künstliche Fantasiedüfte herstellen. Bisher mussten Sie auf Blumen- und Pflanzenessenzen zurückgreifen. 1921 kamen sowohl Tosca von 4711 als auch das berühmte Chanel No.5 auf den Markt. Beides riesen Verkaufsschlager.

Neues Wässerchen zum 222. Jubiläum

Zwei Weltkriege, ein Wirtschaftswunder und die eine oder andere Wirtschaftskrise später ist es ein wenig still um 4711 geworden. 1990 firmierte das Unternehmen in Mülhens KG um. Das 4711 flog aus dem Namen. Die Marke hatte ohnehin schon lange ihren Glanz verloren. Den Oma-Duft wollten die Kunden nicht mehr kaufen.

1994 veräußerte die Familie Mülhens ihr Unternehmen an die Wella AG. Die wiederum übernahm 2003 der amerikanische Konzern Procter & Gamble. 2006 trennte sich P&G von den Mühlens-Marken, so auch von 4711. Die Markenrechte und das Gebäude in der Glockengasse gehören inzwischen dem Duftthaus Mäurer & Wirtz.

Die Stolberger versuchen seitdem, das Image von 4711 wieder aufzumöbeln. Sie kreierten zwei neue 4711-Düfte: Nouveau Cologne und Acqua Colonia und haben das Logo modernisiert. Vielleicht schaffen Sie es ja und bringen die Marke mit frischem Wind wieder ganz nach oben. Nächstes Jahr (2014) feiert 4711 übrigens 222ten Geburtstag. Vielleicht besinnen sich die neuen Macher auf die ursprünglichen Anwendungsbereiche und destillieren das zur Schnapszahl passende Getränk. Natürlich mit dem Namen 4711 Echt Kölnisch Wodka. (sb)

zählmarke