Richmodis und die Pferde auf dem Turm

Am Neumarkt, nicht weit von St. Aposteln, befindet sich die Richmodisgasse. Dort steht ein kleiner Turm, der so oder so ähnlich vor langer Zeit das Haus zu den Papageien geschmückt haben soll. Wer genau hinsieht, erkennt ganz oben im Dachfenster zwei Pferdeköpfe.

Hier hat sich der Sage nach im 14. Jahrhundert eine seltsame Geschichte zugetragen. Die Pferde, eine tote Bürgersfrau und sogar Grabräuber kommen darin vor.

Bürgermeister Aducht und seine schöne Frau

In Köln lebte Mitte des 14 Jahrhunderts der reiche Patrizier Mengis von Aducht. Das Glück war ihm nie von der Seite gewichen. Als Bürgermeister genoss er hohes Ansehen in der Stadt. Vor kurzem hatte er die junge und schöne Richmodis Lyskirchen geheiratet. Gemeinsam lebten Sie im Haus zu den Papegeyen am Neumarkt 6, Ecke Olivengasse.

Pest und Tod

Sie führten ein zufriedenes Leben voller Wohlstand. Doch dann kam der Schwarze Tod nach Köln. Er raffte Alt und Jung, Arm und Reich gleichermaßen dahin. Auch Richmodis erkrankte. Nach wenigen Tagen schien das Leiden der jungen Frau beendet. Leblos lag sie da.

Ein Ring weckt Begehren

Mengis konnte seinen Schmerz nicht fassen. Er zog seiner geliebten Frau das weiße Hochzeitsgewand über und legte sie in den Sarg. Den wertvollen Trauring ließ er an ihrem Finger. Doch dem eilends gerufenen Totengräber war der kostbare Schmuck nicht entgangen. Mit seinem Gehilfen trug er den Sarg zum nahen Kirchhof von St. Aposteln. Jedoch vergrub er Ihn nur zum Schein.

Grabräuber bei St. Aposteln

Kurz nach Mitternacht schlich der Totengräber mit seinem Gehilfen über den dunklen Friedhof. Das schwache Licht ihrer Laternen flackerte gespenstisch über die vielen frischen Gräber. Vor einem großen Blumenhügel stoppten sie. Hier lag Richmodis unter leichter Erde und einem Meer von Kränzen. Die beiden Männer steckten ihre Laternen in die Erde und begannen zu graben. Mit einem flauen Gefühl im Magen öffneten Sie den schweren Sarg.

Lebende Tote

Der Tod schien Richmodis Schönheit nichts anhaben zu können. Bleich lag sie vor den Dieben. Doch als diese Ihr den Ring vom Finger ziehen wollten, kam ein leises Stöhnen über ihre Lippen. Die Grabräuber erschrocken so sehr, dass sie die Schaufeln umwarfen und schreiend davonrannten.

Heim im Laternenschein

Richmodis schlug die Augen auf. Als sie erkannte wo sie sich befand, überkam sie ein furchtbares Grausen. Sie griff eine Laterne, die die Diebe zurückgelassen hatten. Mit letzter Kraft schleppte sie sich über den Neumarkt bis vor ihr Haus. Dort klopfte Sie an die schwere Holztüre.

Das Gespenst vor der Haustür

Mengis hatte indes kein Auge zutun können. Gebeugt von Kummer und Trauer ging er bei Kerzenschein in der Stube auf und ab. Wie sollte er nur weiterleben ohne die geliebte Frau?

Da hörte er ein lautes Pochen. Die Mägde und Knechte liefen davon. Denn sie dachten, sie würden einen Geist sehen. Und so ging Mengis selber zur Tür. Richmodis gab sich zu erkennen und bat um Einlass. Doch ihr Mann glaubte ihr nicht. Er rief: „Eher laufen meine Pferde die Stufen hinauf auf den Turm, als dass du mein Weib bist“.

Die Pferde auf dem Turm

Da ertönte plötzlich tosendes Stampfen und lautes Hufgeklapper. Und als Mengis zum Turm hinauf blickte, schauten dort zwei seiner Schimmel aus dem obersten Fenster. Sofort öffnete er der weiß gekleideten Gestalt auf der Straße die Tür und erkannte seine Ehefrau. Sie umarmten und küssten sich. Richmodis war bald wieder ganz gesund und schenkte Mengis drei gesunde Söhne.

Die Pferde allerdings mussten allerdings die Knechten die Treppen hinunter tragen. Als Erinnerung an Richmodis und ihre Geschichte schauen die Rosse heute aus dem wiedererbauten Richmodisturm in der gleichnamigen Gasse.(sb)

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