Annette Frier: temperamentvoll und tough

Die Rolle der impulsiven, toughen und lustigen Frau ist ihr wie auf den Leib geschneidert. Doch wer Annette Frier in die Komödien-Schublade steckt, wird ihr nicht gerecht. Die Kölner Schauspielerin verkörpert auch ernste Rollen grandios.

Ihre Ausstrahlung ist riesig, doch Annette Frier misst nur 1,66 m. Die Schauspielerin mit den blauen Augen und dem halblangen, meist leicht zerzausten Blondhaar lacht gerne. Doch von aufgesetzt guter Laune hält sie nichts, im Gegenteil: "Heulen ist etwas sehr Schönes - wenn man dazu Zeit und Platz hat."

Dalmatiner oder Danni Lowinski

Ihre Paraderolle ist eine Anwältin mit großem Herzen und großer Klappe. Entsprechend verkleidet sich sogar Annette Friers Patenkind Karla gerne als Dalmatiner oder Danni Lowinski. In ihrer Paraderolle stöckelt Frier mit kurzem Rock und tiefem Ausschnitt in den Gerichtssaal, die schwarze Robe überm Arm. So beeindruckt sie Anwalt Oliver, Staatsanwalt August und Unterweltkönig Pit. Mehr noch: Mangels Büro berät die engagierte Anwältin ihre finanzschwache Mandantschaft an einem Klapptisch in der Einkaufspassage. Nach dem Ende der Serie, die von 2000 bis 2014 in fünf Staffeln im Fernsehen lief, gibt es bei den Fans inzwischen regelrechte Entzugserscheinungen.

Drei Schwestern, zwei Schränke

1974 kommt Annette Frier als waschechtes kölsches Mädchen zur Welt. Der Vater ist Rechtsanwalt, die Mutter Religionslehrerin. Dabei hat die Mutter sich einmal erfolgreich an einer Schauspielschule beworben, dann aber beruflich einen anderen Weg gewählt. Annette wächst in einem Dreimädel-Haus mit der zwei Jahre älteren Sabine und der neun Jahre jüngeren Caroline auf. Drei Schwestern, aber nur zwei Kleiderschränke, das gibt gelegentlich schon mal Zoff.

Ihre ersten Rollen waren Maria und Josef

Obwohl die kleine Annette zunächst ein eher stilles, introvertiertes Kind ist, spielt sie schon in der Grundschule beim Weihnachtstheater abwechselnd Maria und Josef. Mit acht Jahren verkündet sie: Ich werde Schauspielerin. Der Grund? "Ich kann nichts anderes. Das war mir relativ früh klar." Nach dem Abitur am Gymnasium Rodenkirchen studiert sie an der Kölner Theaterschule "Der Keller" klassisches Schauspiel und erhält bereits während der Ausbildung ihr erstes Engagement.

Hinter Gittern

Ihre Fernsehkarriere beginnt 1997 mit "Hinter Gittern". In der gleichnamigen Serie spielt Frier die lesbische Gefangene Vivi. Dass sie Comedy-Talent hat, bringt sie erstmals bei Sketchen in der Sendung Switch zum Ausdruck. Im Jahr 2000 löst sie Anke Engelke in der witzigen Wochenshow ab. Später wird sie Ensemble-Mitglied der Improvisations-Comedy Schillerstraße.

Eine Schublade, viele Talente

Doch die Schublade der Comedian ist Frier auf Dauer zu eng. Für ihre Rolle als Ibsens Nora bekommt sie 2001 den Kölner Theaterpreis. Als Regisseurin debütiert sie 2008 im Theater am Bauturm mit dem Stück Am Hang. Dann folgt Danni Lowinski: Frier erhält ein knappes Dutzend Auszeichnungen, darunter den Bayerischen Fernsehpreis, die Goldene Nymphe, den Deutschen Fernsehpreis und den Deutschen Comedypreis.

2015 steht sie in Berlin auf der Bühne. Das Stück "Eine Familie" von Tracy Letts ist auch als Kinofilm mit Meryl Streep bekannt. Die Rolle der ältesten Tochter Barbara, im Film Julia Roberts, übernimmt in Berlin Annette Frier. Sind ihr die Fußstapfen der berühmten Hollywoodkollegin zu groß? Ach was, sie spielt wie immer beherzt und unbekümmert.

Fußball mit Stock

Seit 2002 ist Frier mit dem 19 Jahre älteren Drehbuchautor und Regisseur Johannes Wünsche verheiratet. 2008 kommen die Zwillinge Bruno Maria und Josefina Fritzie zur Welt. Wenn sie dreht, arbeitet er zu Hause und betreut die Kinder. So gut, dass sie aufpassen muss, als Mutter nicht "überflüssig" zu werden, witzelt Frier.

Die Schauspielerin mag gutes Essen. Dabei hat sie eine Vorliebe für Salziges. Auf Süßigkeiten steht sie nicht. "Zum Glück", so Frier. "Dann wäre ich fett." Dabei macht die Schauspielerin auch auf dem Rasen eine gute Figur. Eigentlich wollte sie als Kind Fußball spielen, doch der Vater war strikt dagegen. Im Marienburger Sportclub spielte sie deshalb schon mit sechs Jahren Hockey: "Eigentlich hat Hockey dieselben Regeln wie Fußball, nur mit Stock."

Autorin: Clivia Kelch-Rade