Kölner Karneval 2015: Je suis feige

Das Thema geht wie ein Lauffeuer durch die Medien. Kölns Festkomitee stoppt den Charlie-Hebdo-Wagen beim Kölner Rosenmontagszug. Das ist zwar unerträglich peinlich für unser Image. Aber ein schönes Titelmotiv für die nächste Auflage der Satirezeitschrift.

Napoleon wusste es schon: Zieh den Narren Uniformen an, das diszipliniert. Ähnliches zeigt sich nun in Köln. Das Festkomitee hatte auf Facebook für einen Wagen zu den Anschlagsopfern der Satirezeitschrift Charlie Hebdo geworben. Die Resonanz war riesig. Der Wagen sollte her. Motiv: Die Opfer des Anschlags von Paris und ein Jeck mit roter Pappnase, der einem vermummten Terroristen den Buntstift in den Gewehrlauf stopft. Super Idee. Doch nun rudert das Festkomitee zurück. Die Sorgen der Polizei seien enorm. Tatsächlich? Angeblich wollte vielmehr keiner der Wagenbetreiber vor oder hinter dem Gefährt fahren. Aus Sicherheitsgründen. Allah ... ff!

Buntstifte sind die besseren Kamelle

Der Karneval stehe für Spaß und Freude, schreibt der Kölner Stadtanzeiger. Und deshalb könne man doch keine Kamelle von einem Gefährt werfen, das an das furchtbare Attentat erinnert. Rakete, werte Kollegen. Kann man wohl: Buntstifte!

Bitte nicht beim Schunkeln stören

Was haben noch vor kurzem die „Anständigen“ protestiert. So etwas wie in Paris dürfe sich nicht wiederholen. Unternehmen vom Buchverlag bis zum Delikatessengeschäft bringen auf der Homepage den Slogan Je suis Charlie. Auch und gerade in Köln. Sticker gehen über den Ladentisch, T-Shirts en masse. Aber wehe, es könnte beim Rosenmontagszug unruhig werden. Köln zeigt sich diesmal von seiner feigen Seite. Schade. Eine riesen Chance ist vertan, dem Schunkeleinerlei etwas Pfiff zu geben.

Köln duckt sich weg

Ergebnis: Wir sind nicht Charlie. Wir ziehen den Schwanz ein. Das Kölner Festkomitee sagt: „Der Kölner Rosenmontagszug lebt mit seinen aktuellen Persiflagen diese Meinungsfreiheit jedes Jahr.“ So ein Quatsch. Wir gehen stattdessen zur rosenmontaglichen Tagesordung über: Schokoriegel in die Alditüte stopfen und Kölsch aus Dosen. Glas ist gefährlich.

Ok, für eine weltoffene, liberale Stadt wie Köln ist dieser Vorgang ein Skandal. Keine Frage. Aber eine schöne Steilvorlage für die nächste Ausgabe von Charlie Hebdo: Titel: Der gekrümmte Dom mit einer Pappnase. Unterzeile: Köln duckt sich weg. (tb)

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